Dr. Thomas Brotzler
          Fine-Art-Fotografie

          Rundschreiben
          Nr. 05|2013

          Homepage
          Impressum
          Abmeldung

          

          

Ein neues Projekt, jedoch noch ohne Namen ...

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kunstfreunde,

gestern hatte ich Gelegenheit, die stillgelegte Mühlacker Ziegelei fotografisch zu erforschen. Wir finden derart 'historisch und poetisch erfüllte Industriebrachen'  hierzulande ja leider nur noch selten. Doch der Reihe nach ...

Maximilian Lutz von der Pforzheimer Zeitung hatte mich, wissend um meine 'stete Suche nach beseelt-morbider Architektur', schon letztjährig auf dieses Kleinod hingewiesen. Doch ließen mich andere Ausstellungs-, Projekt- und Publikationspflichten erst kürzlich darauf zurückkommen.

Nun kontaktierte ich Wolfgang Rieger, der mir als Mitvorstand des Historisch-Archäologischen Vereins viele interessante Einblicke in die Geschichte des Areals ermöglichte und auch anklingen ließ, daß der Ziegelei in Mühlacker in vieler Hinsicht ein ähnlicher Stellenwert wie Schenk in Maulbronn zukomme.

Darüber ergab sich der Kontakt zu Jörg Haberbosch, seines Zeichens 'Urgestein mit 37-jähriger Betriebszugehörigkeit', profunder Kenner ("ich kenne hier jede Schraube") und bewährter Führer des Geländes (siehe Link 1). Beim gestrigen Durchgang öffnete er dann Maximilian Lutz und mir die Augen für viele Details, die uns sonst gewiß verborgen geblieben wären. Er wies uns auch darauf hin, daß das Gelände nun weitgehend versiegelt wäre und in den nächsten Wochen bis Monaten zum Abbruch bereit stünde. Und er ließ auch (wie ich es an dieser Stelle wohl andeuten darf) jene verständliche Rührung anklingen, die gewiß uns alle in der Rückschau auf ein großes (berufliches) Lebenswerk heimsuchen würde.

Nun jedoch zu jenem mehrstündigen Streifzug durch das verlassene Gelände - ich will versuchen, Ihnen das dort 'mit allen Sinnen Gesehene und Empfundene' mit Worten ein wenig nahezubringen ...

"Auf dem lichthellen Hof, unter wärmender Frühlingssonne treffen wir uns. Ein seltsamer Schauder will uns schon ergreifen, als wir dem Eingang zustreben. Es ist wie ein Nadelöhr, einer der letzten Zugänge zu einem geheimnisvollen Reich. Drinnen umfängt uns fast vollständige Dunkelheit, auch eine Kälte, wie wenn die Heiterkeit des Frühlingstages mit einem Schlag verloren wäre. Mühsam tasten wir uns voran, fürchten zu stolpern und anzustoßen. Immer mehr greift die Kälte nach uns, lassen uns auch die allmählich aus der Dunkelheit heraustretenden Strukturen schaudern. Sind wir gar in einer Gruft? Finden wir wieder heraus? Plötzlich ein Lichtschein wie eine Hoffnung, beim Nähertreten ein Streiflicht, doch auch ein neuer Schreck, denn alte Gestelle und Rohre erscheinen uns nun wie skelettartige Gebilde, die sich in unsere Richtung strecken. Fast wollten wir uns aneinander heben, um das Unbehagen zu bannen. Wir streben voran und geraten dann auch in hellere Räume, die uns in ihrer Überschaubarkeit willkommen heißen, doch steckt der Zwiespalt von Schrecken und Staunen noch in uns."

Einige erste Bilder vom gestrigen Durchgang habe ich bereits ausgearbeitet und nachstehend verlinkt - nur Skizzen quasi, welche die Gesamtheit der späteren Bilder vielleicht erahnen lassen. Und ich muß feststellen, daß ich wohl einige Worte habe, um das dort Gesehene und Empfundene auszudrücken, aber noch keinen Namen, um all dies im Sinne eines Projekttitels wirklich fassen zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Brotzler

***

Links:
(1) Mühlacker Tagblatt vom 27.06.2011: "Industriebrache macht Eindruck"
(2) Pforzheimer Zeitung vom 15.09.2009: "Im Mühlacker Ziegelwerk gehen die Lichter aus"

Bilder:
(1) http://www.brotzler-fineart.de/fotos/ziegelei-muehlacker_20130322_124762b1.jpg
(2) http://www.brotzler-fineart.de/fotos/ziegelei-muehlacker_20130322_124768b1.jpg
(3) http://www.brotzler-fineart.de/fotos/ziegelei-muehlacker_20130322_124798b1.jpg

 
23. März 2013