Dr. Thomas Brotzler
            Fine-Art-Fotografie


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            Nr. 04|2016

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Col de Marie-Blanque | Wiedersehen mit einem Baum


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kunstfreunde,

wie schon im letzten Rundschreiben geschrieben, führte mich die große Fotoexkursion dieses Jahres an zwei Schauplätze: die südostfranzösischen Alpen und die nordspanischen Picos de Europa. Die vielen Eindrücke müssen nun über die nächsten Wochen noch verdaut, die mitgebrachten Bilder sortiert und ausgearbeitet werden. Von diesen Arbeiten werden sicher auch manche in meinen Magazinartikel einfließen, der Anfang nächsten Jahres zum Thema »Dramatische Bergwelten« geplant ist.

Heute möchte ich Ihnen über etwas anderes berichten: Es gibt da in den französischen Pyrenäen einen ganz bestimmten Baum, der es mir sehr angetan hat und zu dem es mich immer wieder hinzieht. Er steht etwas oberhalb des Col de Marie-Blanque, der auch von einigen Etappen der Tour de France (genauer gesagt 13 seit 1978) her bekannten Paßhöhe. Und so kam es, daß ich auf der Heimreise von Nordspanien diese Stelle nochmals aufsuchte.

Das linke Vorschaubild zeigt den Baum, als ich ihn auf meiner Herbstexkursion in die Pyrenäen 2009 erstmals kennenlernte - ein Mausklick auf das Bild öffnet übrigens eine bildschirmgroße Darstellung im Browser, in welcher sich auch die Details zu erkennen geben. Mehr zufällig war ich damals auf ihn gestoßen, als ich die Pyrenäen in Paßschleifen durchstreifte und so auch zum Col der Marie-Blanque kam, auf dessen Gipfel ich den Ausblick in das westseitige Vallée d'Aspe erkunden wollte.

Stolz und erhaben stand er da, »mein Baum«. Er füllt die Talkerbung im Blicke fast vollständig aus und stemmte sich zugleich dem Wind und dem Wetter entgegen. Voller Lebenskraft wirkte er, und doch begann sich das Laub schon zu verfärben, wie wenn ihn nun, nach langem Standhalten, auch eine Müdigkeit heimzusuchen begänne. Ich nahm mir damals einige Zeit für den Abschied. Was aus ihm werden würde, fragte ich mich, desgleichen, ob und in welcher Verfassung ich ihn wohl einmal wiedersehen würde.

2013 war ich wieder in der Region, anläßlich meiner zweiten Pyrenäenexkursion. Ich fuhr an ihm vorbei, doch war ich in Gedanken und hatte andere Ziele im Sinn. Erst später wurde mir schmerzlich bewußt, daß ich ihn übersehen und nicht einmal gegrüßt hatte. Vielleicht war das der entscheidende Grund,, in die diesjährige, sowieso schon sehr weitläufige Exkursion auch noch die »Pyrenäenschleife« einzubauen ...

Nun sah ich ihn also erstmals seit dieser Zeit wieder, »meinen Baumkumpel, den ich zuletzt so böse versetzt hatte«. Es mag seltsam klingen, aber mich befiel eine Mischung aus schlechtem Gewissen und unbändiger Wiedersehensfreude. »Gut siehst Du aus, die Blätter treiben schon in diesem verspäteten Bergfrühjahr«, dachte ich, »und doch scheinst Du mir um einiges älter und schmaler geworden zu sein«. Der westseitige Stamm war dem Windbruch zum Opfer gefallen und lag in Bruchstücken am Boden.

In solcher Betrachtung vertieft, überlegte ich mir, wie ich eben diesen Ausdruck und diese Empfindungen »in ein sprechendes Bild übersetzen« könnte. So nahm ich schließlich die nach rechts ansteigende Bergflanke zu Hilfe - die Gipfelketten des »Quartier des Plous« und dahinter des »Quartier de la Coste« geben sich hier zu erkennen. Mein Baum erscheint wie vom großen Gewicht nach links gedrängt, und doch mögen wir in seinem Biegen und Nachgeben auch eine Fähigkeit zur Anpassung und zum Standhaltens erkennen - ein Mausklick auf das obige Vorschaubild öffnet auch hier eine bildschirmgroße Darstellung.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Thomas Brotzler

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13. Juni 2016