Dr. Thomas Brotzler Fine-Art-Fotografie | ||
Von Dolinen und Höhlen ... Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstfreunde, in letzter Zeit ist es um meine fotografischen Arbeiten etwas ruhiger geworden, so daß mich einige Fotofreunde zwischenzeitlich schon auf ausbleibende Publikationen, Facebookposts und Newsletter angesprochen haben. Hier konnte und kann ich Entwarnung geben, denn das eigentliche Fotografieren, die Ausarbeitung der Bilder und die Ordnung des Portfolios ist aus meiner Sicht hinter den Kulissen gut aufgehoben. So nutze ich momentan die Pause zwischen der vorangegangen Einzelausstellung »Sakralbauten - Werkschau der Jahre 2009 bis 2016«, die im Hohenwart Forum vom 13.11.2016 bis 06.01.2017 einen sehr schönen Platz fand, und der nächsten Einzelausstellung »Was vom Werke übrig blieb« bei der Künstlergilde Buslat im Katharinentaler Hof vom 02. bis 30.04.2017 insbesondere dazu, mein Portfolio der »Vertrauten Landschaften« zu sichten und zu erweitern. Über dieses Konzept hatte ich schon verschiedentlich gesprochen und geschrieben - im Grundsatz geht es darum, bevorzugt auf nahe gelegene und damit leicht erreichbare Naturszenen zurückzugreifen, statt motivsuchend um den halben Globus hetzen zu müssen. Ich bin tief davon überzeugt, daß in solch wiederholter und müßiger Begehung vertrauter Szenen, in den verschiedenen Vegetationsstadien und Wetter- und Lichtsituationen, ein enormer Reichtum und eine ebensolche persönlich-fotografische Ausdruckschance begründet sind. Derzeit beschäftigen mich besonders die ober- und unterirdischen Geländeformen des Karsts, also Dolinen und Höhlen, die laut Wikipedia »durch Lösungs- und Kohlensäureverwitterung sowie Ausfällung von biogenen Kalksteinen und ähnlichen Sedimenten mit hohen Gehalten an Calciumcarbonat (CaCO3) entstanden sind«. Wir finden dort, oft nur wenige Schritte von der gewohnten Umgebung entfernt, fremde und ganz eigentümliche Welten vor, die aus meiner Sicht auch fotografisch im Sinne eines Grenzübertritts und eines Vergleichs zwischen den unterschiedlichen Erscheinungsformen von höchstem Reiz sind. Ein eindrückliches Beispiel für eine Doline, auch Sinkhöhle oder Karsttrichter genannt, ist das sogenannte »Eisinger Loch« (2017a), gerade einmal zehn Kilometer Luftlinie von meinem Zuhause entfernt. Dieses besteht eigentlich aus zwei Formationen, dem Neuen und dem Alten Eisinger Loch. Letzteres ist bis in seine Tiefe begehbar und bildet das Motivensemble für die ersten vier hier gezeigten Bilder. Mancher mag über die Farbigkeit der ersten beiden Arbeiten staunen, da ich mir ja einen gewissen Ruf als Schwarzweißfotograf erworben habe - nun, das Schwarzweiß kann man nach meinem Dafürhalten nicht jeder Szene und Stimmung überstülpen; im konkreten Fall fand ich in der reinen Schwarzweißkonvertierung keine Mittel, um jene zarten Rottöne des Gesteins und das wuchernde Grün der Vegetation ausdrucksstark umzusetzen, weswegen ich hier das Schwarzweißbild mit den originalen Farbwerten (im Sinne einer Rekolorisierung und ohne deren Helligkeitswerte) überlagerte. Etwas weiter weg, in der vier Fahrstunden entfernten Franche-Comté (2016a), findet sich zwischen Longeville et Èvillers eine ganz ähnliche Struktur, nämlich der »Gouffre du Cyclope«. Seit alters her beschäftigten die Karstformationen die Phantasie der Menschen. So wundert es nicht, daß diese Einziehung mit dem Auge jener Gestalt aus der griechischen Mythologie benannt wurde. Die Verbindung zur Unterwelt ist greifbar, und tatsächlich könnte man meinen, daß die Landschaft langsam in den Trichter hineingezogen wird. Wasserhöhlen, wie etwa die nebenstehende »Falkensteiner Höhle« zwischen Bad Urach und Grabenstetten auf der Schwäbischen Alb (2014c) stellen eine Übergangsform zwischen den ober- und unterirdischen Karst dar. Während der normale Karsttrichter senkrecht mündet, öffnen sich diese sich mit ihrem Wasseraustritt in waagrechter Weise. Auch hier fungiert der Höhleneingang wie ein geologisches Fenster in die Unterwelt. Die »Höhle aller Höhlen«, nämlich die »Source de la Loue« (2015a), möchte ich Ihnen abschließend nicht vorenthalten. Das nebenstehende Bild zeigt diese eindrucksvolle Formation, die mit einer mittlereren Schüttung von 6.890 l/s zugleich die stärkste Karstquelle des Juras darstellt. Die Quelle speist sich zum Großteil aus dem oberen Doubs, der bei Pontarlier teilweise versickert. Laut Wikipedia wurde dieses Phänomen entdeckt, »als 1901 eine Absinth-Destillerie in Pontarlier in Brand geriet und größere Mengen Absinth in den Fluss strömten. Einige Tage später roch das Wasser der Loue stark nach Anis. Spätere Färbungsversuche bestätigten diese Beobachtung.« Im weiteren Verlauf der Loue liegt Ornans, wo der französische Maler Gustave Courbet (1819–1877) geboren wurde und begraben liegt. Die ganze malerische Region rund um die Doubs- und Louetäler ist heute auch als »Pays de Courbet« bekannt. Ein Mausklick auf eines der Bilder öffnet jeweils eine bildschirmgroße Darstellung im voreingestellten Browser. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei Lektüre und Betrachtung und darf noch darauf hinweisen, daß auch diese Arbeiten im großformatigen Druck und in limitierter Auflage erworben werden können. Mit freundlichen Grüßen, Dr. Thomas Brotzler | ||
4. März 2017 |