Dr. Thomas Brotzler
            Fine-Art-Fotografie


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            Nr. 14|2019

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Herbstliche Fotoexkursion nach Frankreich (2): Von rauhen und lieblichen Landschaften ...


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kunstfreunde,

heute möchte ich Ihnen über den zweiten Teil meiner herbstlichen Fotoexkursion nach Frankreich berichten - den ersten Teil finden Interessierte unter dem Rundschreiben Nr. 13|2019: »La Forêt de Brocéliande - Fotoexkursion in einen sagenumwobenen Wald« .

Auf der Rückreise von der Bretagne folgten wir zunächst der Atlantikküste von Norden nach Süden und dann der Dordogne stromaufwärts von Westen nach Osten. Man merkt bei solchen Gelegenheiten, daß Frankreich ein weitläufiges Land ist - die längeren Distanzen lassen sich über die vergleichsweise wenig befahrenen Autobahnen zwar gut bewältigen, die diesmal gut 3000 Fahrkilometer steckten uns zuletzt aber doch ziemlich in den Knochen! Die nächsten Exkursionen - im Frühjahr voraussichtlich in das Juramassiv und die Nordalpen - werden insofern wieder kürzer ausfallen und mehr Muße vor Ort mit sich bringen ...

In diesem Rundschreiben möchte ich noch etwas näher auf die Landschaftsfotografie im Allgemeinen eingehen. Das Spektrum möglicher Motive, wie es eben auch in den französischen Landschaften in so reichem Maße gegeben ist, erstreckt sich vom Rauhen, Ungestümen, Wilden bis hin zum Lieblichen, Friedvollen, Einnehmenden. »Das Motiv allein macht noch nicht das Bild, nichts wird insofern geschenkt. Das vor Ort Gesehene und Empfundene muß stattdessen erst noch mit geeigneten Mitteln in ein ausdrucksstarkes Bild umgesetzt werden, um dem Betrachter eine Geschichte zu erzählen«, weiß wohl ein jeder, der sich schon einmal ernsthaft mit diesem Thema auseinander gesetzt hat.

Man sollte den dazu nötigen Verdichtungs- und Übersetzungsprozeß nicht unterschätzen, denn unsere Fotografien weisen zahlreiche Einschränkungen gegenüber der Ausgangsszene auf: Sie sind zunächst - egal ob analog oder digital, ausgedruckt oder am Bildschirm betrachtet - zweidimensional, lassen also die vor Ort empfundene Tiefe vermissen; sie sind sodann im Kontrastumfang deutlich eingeschränkt, so daß Tiefen und Lichter abgeschnitten zu werden drohen; schließlich fehlen dem Betrachter des Bildes alle über den optischen Aspekt hinausreichenden sinnlichen Qualitäten wie Gehör, Geruch oder Tastsinn - man stelle sich nur eine salzige Brise an der Meeresküste oder den erdig-krautigen Duft des Herbstwaldes vor.

Die genannten Pole des Landschaftsfotografie möchte ich nachstehend noch in zwei kurzen Bildstrecken vorstellen und dabei einige Aspekte der Motivwahl und Ausarbeitung diskutieren.

     

     

Die erste Strecke (siehe obige Bilder) zeigt Eindrücke von der Côte de Beauté (Küste der Schönheit), jenem 30 km langen Abschnitt der französischen Atlantikküste im nördlichen Mündungsbereich der Gironde.

In der oberen Reihe reichen die bis zur Kante mit Seekiefern bestandenen Dünen bis 15 m hoch. Sie sind durch Sturm und Gezeiten im steten Umbau begriffen. Immer wieder stürzen Bäume den Abhang herab, so dass vor dem Besteigen der Dünen eindringlich gewarnt wird. Es ist eine urtümlich anmutende Landschaft voll wilder Schönheit, die hier durch starke Kontraste und dunkle Wolken noch Unterstreichung findet.

Die untere Reihe zeigt eine Szene weiter stromaufwärts. Die Landschaft im Hintergrund hatte ich ausgeblendet, um von jenem Wechselspiel der Pilotis (Fischerhütten auf Stelzen) und der Brandung nicht abzulenken. Die einfache Aufnahme links konnte die Dynamik der Situation nicht wirklich einfangen, weswegen ich mich im rechten Bild zu einer Doppelbelichtung mit film-noir-artiger Auisarbeitung entschloß.

     

          

Die zweite Strecke (siehe obige Bilder) zeigt Eindrücke aus dem Tal der Dordogne. Die Kulturlandschaft zeigt sich hier vielfältig und abwechslungsreich, sie reicht von den ausgedehnten Weinanbaugebieten rund um Bordeaux und Saint-Émilion über die bukolisch-hügeligen Weidegebiete im Mittellauf bis hin zur Kette von Stauseen im Oberlauf, welche der Stromgewinnung dienen.

Die obere Reihe zeigt Bilder einer sehr hübschen und idyllischen Flußschleife, dem Cingle de Trémolat. »Alles mäanderte dort« - unten der Fluß im still-beschaulichen Verlauf, oben am Himmel die Wolken mit einer sich von Augenblick zu Augenblick ändernden Lichtsituation. 

Die untere Reihe zeigt eine Uferpartie im weiteren Verlauf stromaufwärts. Die Dordogne ist ein »freundlich und friedlich strömender« Fluß, mit einem an vielen Stellen leicht erreichbaren und begehbaren Ufer samt Stellmöglichkeiten. Das linke Bild ist wie ein Schlüsselbild des Genannten. Das mittlere Bild ist eine Variation davon, quasi ein »Hybrid aus dem ausgearbeiteten Schwarzweißbild und einer Rekolorierung mit den Originalfarbwerten«. Das rechte Bild schließlich mit seinem »Der Baum so groß, das Auto so klein« ist für mich programmatisch: Nicht anmaßend und zerstörend, sondern staunend und bewahrend sollte sich der Mensch durch die Natur bewegen ...

Ich wünsche Ihnen nun viel Freude bei der Betrachtung. Ein Mausklick auf die Vorschaubilder ist zu empfehlen, es öffnet sich eine bildschirmgroße Version im voreingestellten Browser. Auch für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Thomas Brotzler

 
24. November 2019